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Reisebericht Åland-Inseln, Nördliche Ostsee
Facts & Tipps Zeit:
August 1997, 2,5 Wochen
Übernachten
/ Einkaufen / Geld: Alle paar Tage, je nach Route und Zivilisationssehnsucht, kann man frische Vorräte einkaufen. Gerade auf den kleineren Inseln ist die Auswahl begrenzt, allerdings gibt es viel Obst und Gemüse aus eigener Ernte (ich denke heute noch sehr gern an die vielen leckeren Gurkensalate!). Auf vielen kleineren Inseln haben wir keinen Geldautomaten gefunden (allerdings auch nicht groß danach gesucht), in Mariehamn gibt es etliche Banken und Geldautomaten. Damals hieß es, dass man nur per Kreditkarte Geld abheben kann (keine EC-Karte), dies mag mittlerweile anders aussehen. Also, im Zweifelsfall eher Bares mitnehmen bzw. die Touristen-Info Aland wegen der neuesten Entwicklungen kontaktieren! Leute: Kommt
man bei Fahrten zwischen den Inseln im offenen Kanadier (Ally) klar? Bücher,
Artikel & Karten Karten: ich fand die finnische 1:100 000 Topo-Karte (Verlag Karttakeskus, um die 25 DM) am besten. Im Gegensatz zu den z.T. ebenfalls nützlichen Seekarten sind dort viel mehr für die Navigation wichtige Landinfos eingezeichnet, anhand derer wir uns meist gut orientieren konnten. Die Karte kannst Du in Deutschland bestellen (in jedem guten Buchladen, der den Geo-Katalog II hat, ich habe meine von Schropp, Berlin). Zelt Boot,
Ausrüstung und Sicherheit Wir sind
damals recht blauäugig losgepaddelt: ohne Ersatzpaddel, nur mit Handlenzpumpe
für den Zweier, sehr alte Schwimmwesten mit zweifelhaftem Auftrieb,
keinerlei Kaltwasserschutzbekleidung wie Neo- oder Trockenanzüge. Trotzdem
hat alles geklappt, vielleicht mit viel Glück. Zum Boot gehört die ganze Latte an Minimal-Sicherheitsausrüstung wie
Erfahrungen, das Wissen um Notsituationen und wie man sie vermeidet kann aber keine noch so gute Ausrüstung oder Buch ersetzen. Im Zweifelsfalle sollte man also am Ufer bleiben und einen Ruhetag einlegen.
Karte der Ålands
Anreise per Bahn
von Berlin über Malmö nach Stockholm, dort per U-Bahn und Bus zur Fähre
(Viking ?) nach Mariehamn. U-Bahn und Bus erwiesen sich als nicht sehr schwierig, allerdings waren wir es gewöhnt, mit dem Faltboot in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein. Am besten ist es, das Boot auf dem Wagen zu lassen und es in die jeweiligen Verkehrsmittel zu zweit hineinzuheben (dabei nicht den Rücken, sondern nur die Knie beugen!!). Selbst im Bus war genügend Platz und mit einem Lächeln und eventuell einer Entschuldigung sind meist auch die Mitfahrenden wieder gut gelaunt. An der Fähre zahlten wir mit Studentenermäßigung etwa 20 (oder 40?) DM / pro Person retour, ein wirkliches Schnäppchen. Boot und Rucksäcke verstauten wir in Gepäckfächern, dann sonnten wir uns die nächsten 5 Stunden auf dem Sonnendeck der Fähre. Die Fahrt war wundervoll: kurz nach der Abfahrt aus dem Hafen bewunderten wir das morgendliche Panorama Stockholms, dann glitten wir durch den Skärgard, vorbei an unzähligen Wochenendhäuschen auf den zahlreichen Inseln. Zwischendurch eine "kostenlose" Vorführung der Manövrierfähigkeit eines Motorbootes der schwedischen Marine, dann wurde es wieder ruhiger. Nach einigen Stunden hatten wir die offene See erreicht, letzte Felsschären blieben zurück. Die morgendliche Ostsee bot ein wunderbares Bild: spiegelglatt, nur manchmal leichte Kräuselwellen, sonnig mit leichtem Dunst. Bald tauchten jedoch wieder die ersten felsigen Schären Ålands auf, dann kam auch schon die Hauptinsel in Sicht.
Tour: Mariehamn - Lumparn - Värdö - Brandö - Kumlinge - Sottunga - Föglö - Mariehamn In Mariehamn
bauten wir das Boot ca. 500 m vom Fährterminal am Seglerhafen auf, da
wir keine große Lust hatten, mit unserem aus einem Kinderwagengestell
gebauten Bootswagen die 5 oder 6 km bis zum westlich gelegenen Zeltplatz
zu laufen. Durch eine Anzahl neugieriger Zuschauer und eine gleichzeitig
laufende Segelregatta zog sich der Aufbau etwas in die Länge, dann paddelten
wir über die kleine Bucht westlich von Mariehamn zum auf der anderen
Seite gelegenen Zeltplatz. Dort hatten wir eine wunderschöne Waldwiese
mit reichlich Blaubeer-Versorgung für uns allein, mit Aussicht nach
Mariehamn und eigenem kleinen Sandstrand. Am nächsten Tag, Sonntag, paddelten wir mitten im aländischen Sonntags-Motorbootverkehr los, wurden von einer der riesigen Fähren erschreckt, an deren Fahrrinne wir knapp vorbeifuhren. Nach einigen Tagen wurde der Motorbootverkehr ruhiger und die Wasserstrecken einsamer. In einem großen Bogen fuhren wir südlich um die Hauptinsel herum durch den Lumparn und westlich an Värdö vorbei, immer gen Norden. Nördliche
Schären, keine Menschen und dann doch ganz viele Nachdem wir einige Tage keine Menschen gesehen hatten, wunderten wir uns sehr, als uns nach einer 5km-Überfahrt von einer felsigen Schäre eine junge Frau zuwinkte, der sich einige andere Menschen zugesellten. Sie lotsten uns in einen wunderschönen, engen Naturhafen. Auf der Insel hatte sich eine Gruppe schwedischer Paddler aus Malmö seit mehreren Tage "eingenistet". Mit ihren Seekajaks wollten sie sich nicht in "diesen Wind und Wellen" trauen, da sie einige Tage zuvor mehrmals gekentert waren. Dafür hatten sie Seehunde beobachten können und an der Ausbesserung einer alten Fischerhütte gearbeitet. Diese Fischerhütte
wurde früher (und teilweise auch heute) von den aländischen Fischern
als Notquartier genutzt. Der Fischer dem sie gehörte, hatte vor kurzem
Bauholz auf die Insel gebracht, die Paddler-Gruppe hatte mit ihm dann
anschließend vereinbart, sich um den Ausbau zu kümmern. Das nenne ich
Erlebnis-Urlaub! Unser Boot erweckte, wie schon oft zuvor, große Verwunderung. Wir versuchten zu erklären, dass dieses ostdeutsche Boot schon sehr alt sei, was prompt einen Kommentar zur damaligen Versorgungslage und der Erfindungsgabe der Ostdeutschen auslöste. Als wir dann aber erklärten, dass sich das Boot auch falten ließe und dass wir mit der Bahn gekommen seien, löste sich auch bei den Schweden das Rätsel, warum man ein Boot aus Holz, PVC und Baumwolle bauen sollte ... :-) Wir konnten uns nur schwer von der Gruppe trennen, paddelten aber trotzdem noch einige Inseln weiter. Brandö Lachs Packsack
in Seenot, Schlafsack platt Am Nachmittag paddelten wir zur nächstgelegenen Marina, um dort endlich einmal wieder zu duschen und Haare zu waschen. Spät kamen wir zurück, um mit Entsetzen festzustellen, das die zum Lüften über das Zelt gehängten Schlafsäcke vom Abendtau komplett durchnässt waren (die Fährenattacke hatten sie trocken überstanden). Nach dieser Nacht schwor ich mir, nie wieder mit einem Daunenschlafsack paddeln zu gehen ... In Föglö
hatten wir beide keine Lust mehr aufs Paddeln in einem Zweier (einige
Streits waren vorausgegangen), bauten das Boot ab und nahmen Fähre und
Bus zurück nach Mariehamn. Zunächst aber lockte das Büfett auf der Fähre Mariehamn-Stockholm. Auf der Hinfahrt waren wir noch zu geizig gewesen, jetzt brachten uns 33 DM pro Person dem Himmelreich nahe. Unmengen an fischigen und fischfreien Vorspeisen, noch größere Vielfalt bei den Hauptgerichten. Als wir beim Dessert anlangten, mussten wir schon stark auswählen, um nicht von der Fähre zu kugeln. Gerade in Stockholm von der Fähre gestiegen, hatte uns die Großstadt wieder. An der Bushaltestelle war eine Frau beim chaotischen Aussteigen mit einem Lampenmast kollidiert und blutete aus einer großen Kopfwunde. Zum Glück hatten wir die Expeditionsapotheke griffbereit und konnten in Zusammenarbeit mit einer zufällig anwesenden Krankenschwester die Blutung stillen. Als der Krankenwagen weg- und der Bus losfuhr, gab es von den Bus-Mitfahrern einen netten Applaus und drei verlegen grinsende Gesichter ...
Links
Bild(er): Bis auf eines liegen alle Bilder noch im Foto-Umzugskarton, der sich *irgendwo* herumtreibt. Aber ich arbeite dran ...
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marian@faltboot.de, 29.06.2000 |