marian gunkel
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Die Geschichte des GESAMöll


Die Entdeckung

Alles begann mit einem nächtlichen Ausflug ins Netz. In einer Montagnacht schaute ich noch schnell in die aktuelle Online-Ausgabe der Berliner Kleinanzeigenzeitung "Zweite Hand", um diverse Rubriken nach Schnäppchen zu durchforsten.
Beim Überfliegen der Kanu-Sparte fielen mir die Worte "Einer-Kajak, Original Möll" auf. Möll? War das nicht einer dieser alten Falt-Eskis, die ich so sehr im "Hadernkahn" bewundert hatte und von denen ich, wenn ich mich recht erinnerte, einen auf dem letzten Internationalen Faltboot-Treffen in Schwarz gesehen hatte? Ja! Der Hadernkahn bildete den Riß eines von Gesa hergestellten Möll ab: eine sehr lange, elegante, geschwungene Bootsform, mit starkem Kielsprung und etlichen Merkmalen grönländischer Kajaks. Auch waren mehrere Fotos im Buch zu sehen, die dem Möll stark ähnelnde Boote abbildeten.

Kurz geschlafen, morgens zum Kiosk gerannt und die Papierausgabe der Zweiten Hand mit der Telefonnummer gekauft, angerufen. Sch....! Nur ein Anrufbeantworter! Spruch draufgelassen (darin tauchten Wörter wie unbedingt, auf alle Fälle, muss haben auf), jede Stunde angerufen. Dann war es abends soweit: Kontakt! Thomas meinte, ich sei der erste Interessent, beschrieb den Zustand der Haut als sehr alt, wasserdurchlässig aber brauchbar, wollte 800 DM haben. Meine Frage, ob es sich um einen Eski handele, verneinte er (stellte sich später als ein Mißverständnis heraus), meinte jedoch, dass es ein sehr schmales, schnelles Boot sei, das schönste das er bisher gesehen und gepaddelt hätte. Gut, ich wollte es trotzdem sehen. Wir vereinbarten einen Termin, den Thomas aber nicht einhalten konnte. Eine Woche später war es soweit: ich konnte mir das Boot anschauen!

Inzwischen hatte ich Erkundigungen eingeholt. Fragte im Faltbootforum nach, ob jemandem ein Möll (in den 50ern im Süddeutschen in sehr kleinen Stückzahlen gebaut, kein Eski) bekannt sei. Dirk Bredow konnte zum Glück antworten, ihm waren allerdings auch nur Eski's bekannt. Ebenso Markus Heise, den ich anrief. Schließlich lieh mir Andreas ein Buch von Lorenz Mayr ("Eski-Kajaks auf Gebirgsflüssen"), in dem ich viel über die Hintergründe der Entstehung des Möll lesen konnte.

 

Das Boot

Supergespannt fuhr ich mit Thomas in den Berliner Osten, wo er das Boot gelagert hatte. Als ich die schon ausgebreitete Haut sah, fiel mir ein Gebirge vom Herzen: ES WAR EIN ESKI!!! Lang, mit sehr schmalem Bug- und Heckteil, blauem Oberdeck (inklusive Gesa-Logo) und silbrig glänzender, steifer poröser Haut. Dann die Gerüstteile! Schmal, lang, z.T. winzige Teile und unendlich viele Details. Ganz anders, als ich es von Klepper, Pouch und Feathercraft kannte, in der Größe vielleicht nur mit Teilen des Pouch Falt-Eski's zu vergleichen.

Wir bauten nur das Gerüst auf, damit ich in die kleinen Geheimnisse des Aufbaus und des Gerüsts eingeweiht werden konnte. Eine Augenweide! Sehr lang, sehr schmal, mit schönen geschwungenen Linien, z.T. ausgeklügelten, z.T. sehr einfachen Verbindungen zwischen den einzelnen Teilen, lag es auf dem Rasen. Nur ein kleines Holzstück war gebrochen, ansonsten war alles extrem gut erhalten.

Dagegen sah die Haut traurig aus. Das blaue Baumwolloberdeck mit den Verstärkungen im Cockpit- sowie Bug und Heckbereich war zwar noch in gutem Zustand, das Gummi-Unterschiff war allerdings dem Tode nahe. An diversen Stellen extrem verhärtet, an den Biegestellen z.T. gebrochen, großflächig porös, war es nur noch als Ausstellungsstück zu gebrauchen. Nun, wegen der Haut konnte ich Thomas auf 700 DM herunterhandeln, die mir Rainer großzügig borgte (kurz vor einem Praktikum in Großbritannien stehend, war mein Konto noch mehr im Minus als sonst).

Ausprobieren!

Und dann war ich endlich zu Hause mit meinem Schatz. Es ließ sich viel leichter tragen als mein uralter KTW-Pouch E 65, auch die Längsteile waren mit ca. 1,50 m kürzer. Sicherlich konnte ich es gut in nur einem langen Packsack verstauen, wenn ich damit zukünftig auf Reisen ging...

Meine Freude konnte ich natürlich nicht für mich behalten, sondern mußte zunächst viele e-mails und dem Faltbootforum schreiben, was ich denn nun für einen Schatz erworben hatte.
Dann baute ich es das erste Mal mit Haut auf. Schwieriger als ich dachte, vergaß ich die zusätzlich stabilisierenden Längshölzer einzufügen. Trotzdem ließ sich das Boot gut aufbauen, wozu auch die rechtsgenähte Naht (eingesäumte Stehnaht) der Haut beitrug: Bug- und Heckteile konnten bequem in das Boot eingeschoben werden und saßen perfekt, ohne lange hin- und herschieben zu müssen.

Bug innen

Bug, vom Cockpit aus gesehen

Heck innen

Heck, vom Cockpit aus gesehen

Einige Fotos mußten natürlich auf dem Trockenen gemacht werden, damit ich bei meinem Meggie-Wochenendbesuch in Rostock auch grafisches vorweisen konnte.

Probesitzen! Ganz schön eng, v.a. das Hinein- und Hinauskommen gestaltete sich schwierig (trotz meiner schlanken Hüften :-)).

probesitzen...

 

Paddeln auf dem Trockenen

 

lucky me! Marian im MöllDann hatte ich aber ein perfektes Bootsgefühl, bedingt durch die seitlich im Cockpit verlaufenden, flexiblen Hüftleisten sowie den seitlich stark hochgezogenen Sitz.

Cockpit in der Draufsicht

 

 

 

 

 

 

Eine Woche später, ich war schon fast in Großbritannien, kam ich doch noch dazu, meinen neuen Liebling zusammen mit Jens auf dem Tegeler See probezupaddeln. Der S-Bahn-Transport lief ohne Probleme ab, auch der Zusammenbau war schnell erledigt (und ich genoß das Staunen von Jens :-)). Beim Einsetzen ins Wasser merkte ich schon, dass das Unterschiff wirklich nicht mehr wasserdicht war. Für eine 10minütige Tour reichte es aber noch. Der Möll lief fantastisch geradeaus, ließ sich auf der Kante allerdings auch gut drehen und steuern und war unglaublich schnell zu beschleunigen, hielt anschließend die Geschwindigkeit leicht. Bei ein paar Rollversuchen mit Hilfe von Jens' Bugspitze hatte ich ein zu ängstliches Gefühl: zunächst rutschte ich zu sehr aus dem Sitz heraus (hatte ich schon die schmalen Hüften erwähnt?), außerdem schloß die Spritzdecke sehr fest und besaß natürlich auch keinen Griffschlaufe (Sicherheitsstandards aus den 60ern, ts ts ts). Wäre im Falle eines wet exits ziemlich schwer geworden, da herauszukommen.

Einmal Wasser ausleeren, dann "durfte" Jens auch paddeln, er war *natürlich* ebenso begeistert wie ich. Jetzt, da ich den Möll auch in Bewegung sehen durfte, war ich noch mehr begeistert. Er sah unglaublich ästhetisch aus, wie er so im Halbdunkel über das Wasser glitt, Bug und Heck nicht zu sehr hochgezogen, schlank und schnell.
Zurück an Land noch der Dichtheitstest mit dem Gartenschlauch und Wasser im Boot: leider ließ sich kein größeres Loch feststellen, was für allgemeine Porösität sprach.

Am nächsten Abend, auf meiner Abschiedsparty, wurde der aufgebaute Möll nochmals bewundert, dann mußte er abgebaut werden. Im Winter wartete er sehnsüchtig in einem Berliner Keller auf einen geschickten Schneider, der für ihn eine neue, dem Original möglichst ähnliche Haut näht.

 

Endlich! Die neue Haut!

Im Sommer hatte ich das Boot zu Markus Heise geschickt, der mir eine neue Haut versprochen hatte. Die Materialien (graues Hypalon, blaue Baumwolle) und Details (Art der Naht zwischen Deck und Haut, D-Ringe wo und in welchem Abstand, kleine Änderungen am Gerüst etc.) beredeten wir am Telefon.

Die Vorfreude steigerte sich immer mehr. Endlich: die ersten Bilder von der Haut:

 

Zwei Tage später schickte mir Markus Bilder vom Deck:

 

Per Blitzpost kam das Boot dann mitsamt seiner neuen Haut zu mir, damit ich es noch auf dem Darßer Faltboottreffen ausprobieren konnte ...

Kataloge

Die originalen Gesa-Kataloge sind eher Informationsblätter. Sie sind sicher Ausdruck dafür, dass die Gesa-Boote in sehr geringen Stückzahlen produziert worden sind (Gerüchte sagen, dass vermutlich etwa 20 Möll's hergestellt worden sind ...). Die Kataloge wurden mir freundlicherweise von Markus Heise kopiert.

Möll-Kajak InformationsblattDrau InformationsblattGesa 57 Informationsblatt

 

Die ersten Fahrten

Nasse Tagestour auf dem Darß (bei 3 bis 5 Windstärken und kurzen, steilen Wellen):

Karsten im alten neuen E65, Marian im Möll
nach der Tour ...

 

Einige Bilder, wie man nicht rollen sollte ...

erster Versuch

zweiter Versuch

ganz schön nass ...

 

 

Müggelspree (bei Berlin) mit Andreas und Rainer:

 

Marian & Andreas

Heckruder mit Grönlandpaddel ...

Cockpitbereich

 

Möll von schräg vorn

Noch mehr Bilder gefällig? Bitteschön: zwei Falt-Eskis auf der Schwentine.

 

 

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    marian@faltboot.de, 28.01.2001