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Darss - einmal drumherum im Spätherbst
Allgemeine
Tips Eine weitere
Besonderheit der Landschaft ab Darsser Ort ostwärts sind die Windwatts.
Es gibt dort an der Küste durch ständige Neuaufspülung
von Sand oft großräumige, sehr flache Wasserflächen.
Wenn der Wind längere Zeit in bestimmte Richtungen geweht hat,
fällt der Meeresspiegel zwar nur unwesentlich. Es reicht aber,
um große Gebiete teilweise oder völlig trockenfallen zu lassen.
Diese Gebiete sind oftmals Brut- und Rückzugsgebiet für Wasservögel
(namentlich der Große Werder).
Ausrüstung:
Essen:
Informationen:
Ansprechpartner: Marian Gunkel
Karten
/ Literatur:
Die Tour Teilnehmer:
Karsten Friedrich, Marian Gunkel Vorgeschichte:
In einem Bericht zu einer Hiddenseeumrundung
hatte ich leichtsinnig den Vorschlag einer Winterumrundung Rügens erwähnt.
Karsten fragte per email im Herbst 99 nach, ob die Wintertour noch aktuell
sei. In diesem Winter war ich aber für ein halbes Jahr in Großbritannien.
Im Sommer 2000 trafen wir uns dann endlich persönlich in Berlin und paddelten
im September das erste Mal auf einem Faltboottreffen am Darss zusammen.
Karsten kam da gerade von einer Rügenumrundung zurück mit der Erfahrung,
dass eine Umrundung im Winter nicht einfach werden sollte. So entschieden
wir uns für eine mehrtägige Probetour im Spätherbst.
Die ganze
Woche vorher habe ich den Wetterbericht gecheckt, Segelbücher und Luftaufnahmen
sowie Karten vom Darss studiert. Außerdem haben Karsten und ich frühzeitig
eine gemeinsame Ausrüstungsliste aufgestellt. Nach einer kurzen Nacht stehen wir gegen 7.30 Uhr auf. Ein ausführliches Frühstück mit Linsensuppe und Brot, dann fährt Karsten erst mal Benzin und Tee kaufen, ich baue das Zelt ab. Parkplatz- und Aufbauplatzsuche in Ahrenshoop, wir dürfen auf einem Hotelparkplatz bleiben. Das Aufbauen dauert etwas länger: gegen 12 Uhr kommen wir endlich los. Die obligatorischen Bemerkungen der Strandgänger ignorieren wir so gut es geht, einige beruhigen wir zusätzlich. Das Wetter sieht gut aus, morgens hatte es noch Frühnebel gegeben, bald kommt die Sonne raus und spätestens beim Bootaufbauen wird uns beiden gut warm. Es herrscht kaum Wind, die Wellen kommen aus Süden. Zunächst fahren wir nur langsam an der Küste entlang, die bald wilder wird: die Buhnen verschwinden, es tauchen mehr und mehr Windflüchter und angespülte Holzhaufen auf, später liegen auch ganze Bäume am Strand. Bis zum Leuchtturm Darsser Ort ist die Küste Abtragungsküste, spätestens seit der Einrichtung des Nationalparks "Vorpommersche Boddenlandschaft" darf das Meer hier ungestört Baumeister spielen. Wir fahren an abgebrochenen Uferzonen und abgestorbenen Bäumen vorbei.Dann kommt der Leuchtturm Darsser Ort in Sicht. Zuerst sehen wir nur ein altes, mächtiges Seezeichen und ein direkt am Ufer stehendes Gebäude, später kommt auch der rustikal aussehende Leuchtturm sowie ein neumodischer riesiger Mastbaum in Sicht. Ab ca. Höhe Leuchtturm halten wir direkt auf die Tonne "Darsser Ort West" zu, die anfänglich wegen des Dunstes kaum zu sehen ist. Bald haben wir jedoch den winzigen Strich am Horizont ausgemacht, eine Kompasspeilung hilft, sie nicht wieder aus den Augen zu verlieren. Schnell entfernen wir uns von der Küste, der Wellengang nimmt spürbar zu, bleibt aber friedlich. Ein Schiff der Küstenwache kommt näher, dreht aber wieder ab und hinterlässt nur ein paar Kabbelwellen. Dann ist auch schon Tonne West erreicht: schnell ein paar Bilder geschossen, dann suchen wir nach der Osttonne. Ein großes Sand- und Seegebiet nördlich und nordöstlich von Darsser Ort ist NP-Kernzone: Zutritt nicht gestattet. Auch Ignoranten würden das Eindringen in diese Kernzone schnell bereuen. Ein Großteil des Gebiets ist entweder Windwatt (fällt bei entsprechender Windrichtung und -dauer trocken) oder so flach, dass man nicht vernünftig paddeln, geschweige denn segeln oder motorbooten kann. Indem man einen großen Bogen unter Zuhilfenahme der Seezeichen fährt, bleibt man sicher außerhalb des Bereichs der Kernzone sowie der Untiefen. Allerdings sollte man für diese Fahrt Wind, Strömung und Wellen im Auge behalten, außerdem die eigene Kondition. Immerhin ist es eine Strecke von 10,5 km ohne Anlandemöglichkeit auf einer Route, deren Kurs um 270° wechselt.
Der
Weg zur Osttonne wird lang. Von Süden her zieht eine Regenfront auf, die
sich aber später auflöst. Im Halbdunkel landen wir an einem breiten Stück Windwatt an, es sind noch ca. 200 m durch Sand, Schlamm und Pfützen bis zum eigentlichen Strand. Dahinter schlagen wir das Zelt auf und schleppen zuerst die schwersten Packsäcke, dann die Boote zum Zelt. Erstmal einen heißen Tee aus der Thermoskanne, dann vom innen eklig nassen und dann auch kalten Trockenanzug in trockene, warme Klamotten schlüpfen. Um uns wieder richtig aufzuwärmen, joggen wir erst ein Stück, dann gibt es Abendbrot (erst eine Gemüsebrühe, dann Pasta mit Tomaten-Knoblauchsauce, zum Schluss Kaffee). Kurzer Anruf bei Meggie, dass alles okay ist, dann verziehen wir uns zum Lesen und Karte anschauen ins Zelt und in die warmen Schlafsäcke (während des Draußensitzens ist mir ganz schön kalt geworden, trotz mehrfacher Schichten übereinander). Beim Kartenstudieren überlegen wir uns mehrere Alternativen. Wegen unseres frühen Abfahrtermins übermorgen entschließen wir uns dagegen, wieder auf derselben Route bis Ahrenshoop zu paddeln oder bis zum Ende von Zingst. Stattdessen werden wir bis Prerow fahren, dort in den Prerower Strom umtragen und auf der Boddenseite bis kurz vor Ahrenshoop paddeln. Karsten legt sich um 9 schlafen, Marian um kurz nach 10. Morgen wird es nochmal lang werden (ca. 25 km, im Vergleich zu den heutigen 23). Nach einer gut durchschlafenen Nacht (uns war beiden angenehm warm) frühstücken wir ausgiebig. Der Himmel sieht grau aus (und wird im Laufe des Tages noch viel grauer), aber es sind warme 6°, der Wind ist ablandig und es regnet nicht. Leider dauert das Packen, Boote übers Windwatt an's Wasser tragen und umziehen länger als gedacht, so dass wir erst gegen 11 Uhr auf dem Wasser sind. Karsten packt schon jetzt den Bootswagen auf Deck, so dass wir später beim Umtragen schneller sind. Trotzdem sehen wir uns zunächst den Nothafen Darsser Ort an. Es liegen nur einige Fischerboote sowie ein SAR-Kreuzer von der DGzRS vor Anker, der Mensch an Bord des Kreuzers grüßt freundlich auf unser Nicken hin. Alles hat einen merkwürdigen DDR-Charme - die rostigen Spundwände, die Boote, die Anlagen und Baracken. Zwischenbemerkung: Die NVA hatte in den 60er Jahren wider damals geltene Naturschutzgesetze einen Hafen ins Naturschutzgebiet gebaut, seitdem muß die Fahrrinne wieder und wieder ausgebaggert werden. Dieser Hafen ist mitten in einem hochdynamischen Küstengebiet und verursacht jedes Jahr hohe Unterhaltungskosten, ganz zu schweigen von dem Eingriff in die Kernzone des Nationalparks. Der WWF, seit 1994 Betreiber des Nothafens, setzt sich für die baldige Schließung und den Rückbau des Hafens ein. Ein Alternativhafen vor Prerow ist in Planung, aber laut einem Bericht des WWF vom November 2000 noch nicht genehmigt. Ein Hafen in diesem Gebiet ist für uns Paddler v.a. sekundär wichtig: als Liegeplatz für einen strategisch günstig plazierten SAR-Kreuzer. Ich habe also, im Gegensatz zu vielen Seglern, überhaupt nichts gegen die Schließung des Nothafens (sobald ein neuer Hafen bezugsfertig ist). Ein Schandfleck wird allerdings auch nach dem Rückbau des Nothafens bleiben: der Campingplatz "Regenbogencamp", mit Wohnwagen mitten in den Dünen, tausenden Besuchern im Sommer so nahe an der Kernzone. So ein Riesencampingplatz ist auch für Paddler nicht gerade einladend. Wir machen uns auf den Weg nach Prerow. Der Wind schiebt aus südwestlicher Richtung, die Wellen nehmen so dicht unter Land nur wenig zu. Trotzdem können wir öfter ein wenig surfen. Dann ist auch schon die Seebrücke Prerow da, wir halten Ausschau nach dem richtigen Anlandepunkt. Eine hohe Düne weist uns den Weg und wir landen wirklich punktgenau am Übergang zum Prerower Strom (etwas östlich vom höchsten Dünenpunkt). Leider sind auch hier die Wellen nicht besonders hoch, so dass die Landung nur ein wenig Spaß bringt. Hinter dem Dünenübergang ist eine zweispurige Straße, dahinter ist auch gleich der Prerower Strom, der uns in den Bodden bringen wird.
Bis zum 17. Jh. hatte der Bodden über den Prerower Strom noch Verbindung zum Meer, dann verlandete dieser Zugang. Anhand der Topographie kann man heute noch vermuten, wo der Strom ins Meer mündete. Direkt am Strom entlang führt ein Weg, ca. 150 m in Richtung Prerow findet sich auch ein geeigneter Einsetzplatz. Nacheinander holen wir die Boote, essen noch eine Kleinigkeit und dann geht's weiter, auf dem Strom. Der plötzliche
Wechsel vom Meer zum Binnengewässer ist ernüchternd. Draußen konnte man
sich glauben machen, an einem etwas kühleren Sommer- oder Frühherbsttag
zu paddeln. Hier im Binnenland erinnert der Himmel, die grauen und braunen
Farbtöne der Bäume und des Schilfs ständig daran, dass wir im Spätherbst
sind und der warme Frühling noch sooo lange weg ist. Dann geht's hinaus auf den Bodden. Es ist immer grauer geworden, bald fängt es immer wieder an zu nieseln. Wir paddeln langsam in Richtung Wieck, weil wir noch Wasser bunkern müssen und setzen immer mal wieder auf dem flachen Boddenboden auf. Hier muss man sich wirklich gut an die Karteninformationen halten oder den Schifffahrtsrinnen folgen. Einige Kilometer gegen den 4er Wind gepaddelt, dann laufen wir in Wieck ein. Auch hier scheint der Wasserstand niedriger geworden zu sein: als Karsten im Sommer von hier aus zur Rügenumrundung startete, kam er noch direkt bis zum eigentlichen Strand; jetzt lassen wir die Boote 10 m vor dem Ufer auflaufen. Wasser geholt, dann geht's weiter. Die Zeit ist weit fortgeschritten, es ist jetzt, gegen 15.30, schon dämmerig. Wir werden also ganz sicher nicht mehr bis Ahrenshoop kommen. Auf den Campingplatz in Bliesenrade (der jetzt sicher schon geschlossen hat) haben wir beide keine Lust. So suchen wir uns in der Bucht nördlich von Bliesenrade einen Platz und finden im letzten Licht auch einen guten Anlandeplatz mit Zeltmöglichkeit gleich dahinter. Das Zelt ist fix aufgebaut. Wie immer ist es jetzt besonders eklig, aus dem nassen und dann auch bald klammen Trockenanzug und dem darunter getragenen nassen Fleece sowie den nasskalten Neosocken und -schuhen hinauszukommen. Halbnackt hüpfen wir auf dem kalten Waldboden herum und bemühen uns, möglichst schnell in die trockenen Lagerklamotten zu kommen und uns aufzuwärmen. Zur Unterstützung gibt es dann schnell etwas zu essen (Linsen), dann zaubert Karsten gleich darauf Thüringer Rostbratwürste mit Senf und Brot. Dazu gibt es an diesem Abend 2 Liter Glühwein: das reicht zum Aufwärmen! Wir verziehen
uns nach dem Abendessen bald ins Zelt und in die Schlafsäcke. Leider macht
dann auch die Gaskartusche der Gaslampe schlapp. Um 6.30 Uhr klingelt der Wecker, draußen ist es noch dunkel. Karsten hat wie immer ausgezeichnet geschlafen, mir war dagegen zu Anfang viel zu warm, gegen Morgen dann wieder viel zu kalt. Erkältungen machen beim Zelten keinen Spaß. Bald teilt mir Karsten auch den Grund meines Frierens mit: das Gras ist gefroren, ebenso die Bootsoberflächen. Später taut es dann aber wieder. Noch einmal ein reichhaltiges Frühstück (Gulasch mit Käsebrot), dann packen wir und zwängen uns ächzend in die noch feuchten, kalten Klamotten (sie zuvor mit dem Kocher aufzuwärmen und zu trocknen, hatte nicht viel Erfolg gebracht). Die Neoschuhe sind so kalt, dass wir uns Tee in die Schuhe gießen, um die Füße aufzuwärmen .... Um 9.00 Uhr sind wir trotzdem auf dem Wasser.
Im Gegensatz zu gestern ist es heiter bis sonnig, auch der Wind kommt zunächst mit maximal 2 Stärken aus Süden. Mit einer kurzen Unterbrechung (am Nadelhaken mussten wir die Boote wieder kurz über den flachen Boden treideln) paddeln wir an Born vorbei, treideln uns wieder zwischen den Borner Bülten hindurch und sind auf dem Saaler Bodden. Weit streckt sich das Wasser, v.a. im Südwesten sieht man kaum noch Fischland. Der Wind hat zugenommen und kommt von der Seite, mit 3-4 Windstärken. Die Wellen brechen manchmal und sind recht kurz, doch nie bedrohlich.
Schnell kommt Ahrenshoop näher (Karsten misst den ganzen Tag 6-8 km/h mit dem GPS), wir versuchen immer wieder, die großen Wellen herauszupicken, um zu surfen. Einige Male gelingt es, mit den beladenen Booten auf der Vorderseite einer Welle zu reiten, jedesmal bringt es einen Superspaß und eine abartig schnelle Beschleunigung.
Dann laufen wir mit den Wellen im Hafen von Althagen ein, Ahrenshoop befindet sich gleich daneben. Hier scheint schon lange keine Saison mehr zu sein: außer uns ist nur noch ein Fahrgastschiff und zwei Boddensegler im Hafen. Wir sind spät dran, Karsten muß heute noch bis ins Erzgebirge zurück. Also bauen wir schnell die Boote auseinander, Karsten geht das Auto holen und um 13.30 Uhr sind wir leider, leider schon auf dem Weg zurück nach Rostock. Es dauert zwar noch einige Tage, bis alles wieder getrocknet ist, aber wir würden beide gern so schnell wie möglich wieder paddeln gehen ... .
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marian@faltboot.de, 11.02.2001 |