marian gunkel
privat
                                                

 
  [in English]

Kumari: RZ 85-Exquisit mit "ungewöhnlichem Charakter"


Woher

1997 bekam ich Kumari vom Vater einer Kommilitonin geschenkt, zusammen mit einer Segelausrüstung. Seitdem hat mich der Faltboot-Virus nicht mehr losgelassen.

Kumari???

Kumari ist nepalesisch und der Name einer Kinds-Göttin: ein Mädchen ist solange Kumari bis sie ihren ersten Tropfen Blut verliert. Es kann als Prinzessin oder Jungfrau übersetzt werden.

Besonderheiten

Obwohl das Boot ganz klar ein Exquisit-Modell ist (einteiliges vorderes Waschbord; weiße Biesen/Gummistreifen zwischen Deck und Haut; dünne, verzogene Spanten), hat es auch Merkmale älterer Boote:

  • die Unterhaut ist dicker (fast so wie die alte Elefantenhaut)
  • In Bug und Heck sind Tothölzer vorhanden
  • Das Gerüst ist ein sogenanntes Schwalbenschwanzgerüst, es umfaßt an Bug und Heck die Tothölzer
  • Bug- und Heckbeschlag aus Aluspritzguß sind vorhanden

Dies spricht eindeutig dafür, dass es um 1972 eine längerfristige Umstellung in der Poucher Produktion gegeben haben muss. Laut dem Vorbesitzer wurde das Boot etwa 1972 gekauft, andere Quellen sprechen ebenfalls von 1972 als dem Jahr der Umgestaltung bei Pouch und dem Abnehmen der Fertigungsqualität.

Durch einen Zufall bin ich also an ein wohl ziemlich seltenes Boot gelangt ...

 

Umbauten

Als ich das Boot bekam, hatte es lange Zeit gut und trocken auf dem Dachboden gelagert. Leider wurde es wohl einmal unsachgemäß aufgebaut oder schlecht aufgebaut gelagert: das Heck war deutlich um mehrere Zentimeter nach oben gebogen. Dieser erhöhte Kielsprung beeinflußte die Wasserlage und den Geradeauslauf; auch die Steuerwirkung war herabgesetzt, weil das Steuerblatt nicht mehr allzutief im Wasser war. Darüber hinaus waren die nicht wasserfest verleimten Spanten stark in sich verzogen und verbogen.

Für eine Tour in den finnischen Aland Inseln legten wir das Steuerblatt tiefer, indem wir auf der bootszugewandten Seite des Blattes einige Zentimeter wegfrästen. Ausserdem wurde ein Loch in das Blattende gebohrt und ein einfacher Steueraufholer gebastelt.
Auch die einteilige Persenning reichte uns bei einer Probetour in Mecklenburg nicht für Großgewässerbedingungen aus. Sie erhielt genau plazierte Messingösen an den Seiten, durch die man die Spantenschrauben stecken und so die Persenning am Waschbord festschrauben konnte. Um die Persenning zwischen den Spanten abzudichten, nähten wir an die Seiten Velcro-Klettband und "nagelten" an das äußere Waschbord die entsprechenden Gegenstreifen.
Schliesslich bauten wir noch eine umlaufende life line (Sicherheitsleine) an. Dazu klebten wir in 1m Abständen D-Ring-Befestigungen an die Haut, durch die die Leine lief.

Auf den Alands merkten wir schnell, dass das Deck nicht sehr stark imprägniert war: wir hatten jeden Tag etliche Liter Wasser im Boot! Auch die alten Paddel zeigten tiefe Längsrisse (natürlich hatten wir keine Ersatzpaddel dabei ...).
Oberdeck, Persenning und Paddel wurden mit dem guten, teuren Reformhaus-Sonnenblumenöl erfolgreich behandelt, so überstanden wir auch mehrere Tage Starkwind ausgesprochen gut.

Später erhielt ich für 50 DM einen "RZ-85 Bausatz". Das Gerüst war sehr gut erhalten, die Haut hatte einige kleinere Löcher. Da mich auf etlichen Touren das Exquisitgerüst stark gestört hatte, beschloss ich, das gute RZ-85-Gerüst in die gute Exquisit-Haut einzubauen.

Dabei zeigten sich folgende Probleme:

  • das neue Gerüst war kein Schwalbenschwanzgerüst, ich mußte also die Tothölzer aus der Haut entfernen
  • die Tothölzer hielten die ausgezeichneten Bug- und Heckbeschläge, so dass ich dort einen inneren Gegenhalter einbauen mußte (noch nicht zufriedenstellend gelöst)
  • die Waschborde und die Süllrandtaschen unterschieden sich: die Exquisithaut hat statt einer Aussparung am Spant Nr. 2 eine in die Süllrandtasche eingefasste Öse. Dies macht die vorderen Süllränder kürzer. Ich baute also die alten vorderen Süllrandhölzer in das neue Gerüst ein, ohne Probleme. Sie harmonieren ausgezeichnet mit dem neuen, zweigeteilten Süllrand.

Das neue alte Boot ist weitaus steifer als das alte, v.a. ist das Heck jetzt im richtigen, geraden Zustand. Mir gefallen die Spanten-Langholzverbindungen noch nicht (dort werde ich die vom RZ-85-2 bekannten, an den Seitenwänden befestigten Riemen installieren), ausserdem muss ich mir noch eine haltbare Lösung für die Bug- und Heckbeschlag-Halterung ausdenken ...

 

Touren mit Kumari

Kumari hat mich auf viele Touren begleitet. Trotz ihres anfänglich schwachen Gerüsts (dünne Exquisitspanten) hat sie Starkwind auf den Aland Inseln, Sturm und harte Felslandungen in der Türkei, Brandung an der Algarve und unzählige Bahnfahrten ausgehalten.

 

zum Beginn der Seite zum Seitenanfang

    marian@faltboot.de, 25.03.2000